Regionalität, Digitalisierung, Kaufkraftverluste und Peak-Energy wurden in den beiden, vorangegangenen Newslettern als fundamentale Basis-Entwicklungen beschrieben, auf die sich nicht nur die Bäckereien, sondern die gesamte Wirtschaft einstellen muss. Das Thema Nachhaltigkeit darf darüber hinaus als Paradigmenwechsel bezeichnet werden, der besonders für die regional und dezentral agierende handwerklichen Bäckereien als Chance und nicht als Bürde angenommen werden muss.
Vor mehr als 50 Jahren ist der Bericht an den „Club of Rome“ erschienen, ein Bestseller, der sofort eine große Kontroverse auslöste: Nicht allen gefiel die Aussage des Buches. Die dort berechneten Szenarien belegten vor allem, dass bei einem weiteren Wachstumskurs die absoluten Grenzen des Wachstums spätestens in 100 Jahren (ab 1972) erreicht sein werden. Heute, etwa 50 Jahre später, hat diese Aussage Bestand und das Zeitfenster, um gegenzusteuern wird immer kleiner.
Die Warnungen der Wissenschaft vor drohenden Katastrophen werden immer lauter. Am Verhalten der Wirtschaftssubjekte hat sich bis vor wenigen Jahren jedoch nur marginal etwas geändert. Wir sind aus dem 100. Stockwerk eines Wolkenkratzers gesprungen und gerade am 40. Stockwerk vorbeigeflogen. Erleichtert freuen wir uns darüber, dass bisher alles gutgegangen ist.
Heiko Ernst hat bereits vor 30 Jahren formuliert:
„Unsere Konsum- und Überflussgesellschaft ist an einer Weggabelung angelangt, an der sie bei Strafe des Untergangs in Raten durch die ökologischen und ökonomischen Katastrophen die Strategie des ‚Immer mehr‘ wählen kann – oder aber den Übergang in eine Gesellschaftsform, die nachhaltiges Wirtschaften und vernünftiges Konsumieren lernt. Das vage, nagende Gefühl, dass irgendetwas Grundsätzliches mit ihrem Leben nicht stimmt, ist für viele Menschen zum Auslöser geworden, ihre eigene Lebensweise zu überdenken.“
Die Politik macht jetzt Ernst!
Produktion und Konsum führen letztlich immer zur Umwandlung von Rohstoffen und Energie in Abfälle (Entropie). Man kann eine Entwicklung eine Zeit lang ignorieren, jedoch nicht die Folgen einer Entwicklung. Es regiert die normative Kraft des Faktischen. Zudem üben Protestbewegungen wie z.B. „Fridays for Future“ großen Druck aus.
Jetzt wird es folglich ernst, der Gesetzgeber macht konkrete Vorgaben in vielen Bereichen, denn wir müssen unseren Kindern und Enkeln eine intakte ökologische, soziale und ökonomische Welt hinterlassen. Deutschland soll bis 2045 „klimaneutral“ werden. Diesen Umstand sollten Bäckereien proaktiv nutzen – auch für das Marketing.
Nachhaltigkeit wird vom individuellen Lifestyle zur gesellschaftlichen Bewegung und vom Konsumtrend zum Wirtschaftsfaktor. Die Transformation zu einem nachhaltigen Wirtschaftssystem wird daher nun Fahrt aufnehmen.
Auch bei Personen, die über eine hohe Kaufkraft verfügen, bekommt übertriebener Luxus aus Umweltgründen einen zunehmend schlechten Geschmack. Eine neue Bescheidenheit macht sich breit. Umwelt und Gesundheit wird für die Lebensqualität vielfach höher eingeschätzt als materieller Wohlstand.
Es werden weiterhin auch teure Dinge gekauft. Dabei geht es aber jetzt weniger um den Showeffekt. Der Käufer fragt sich nach dem Sinn der Geldanlage. Die Funktion und der Nutzen eines Produktes stehen im Vordergrund. Der „Statuseffekt“ verliert an Bedeutung. Es sind vor allem die wohlhabenden, gebildeten Leute, die sich im Klaren sind, dass es „so mit unserem Luxus nicht weitergehen kann“.
Der Mehrheit der Deutschen ist ein nachhaltiger Lebensstil wichtig oder sogar sehr wichtig.
Die seit der Umweltbewusstseinsstudie von 2018 zu beobachtende Tendenz zur negativeren Beurteilung der Umweltqualität in Deutschland sowie in der eigenen Stadt oder Gemeinde setzt sich fort. Wie in den Vorjahren halten 60 Prozent der Befragten im Jahr 2020 die Qualität der Umwelt in Deutschland für sehr gut oder eher gut. In der eigenen Stadt oder Gemeinde sind es 73 Prozent, die den Zustand der Umwelt positiv bewerten.
Besonders divergiert die Bewertung der Umweltqualität zwischen Inland und Ausland. So schätzen nur elf Prozent die weltweite Umweltqualität als gut ein, während 89 Prozent sie als eher schlecht oder schlecht einstufen.